Freigericht / Saint-Quentin-Fallavier. Im 38. Jahr der Verschwisterung zwischen Saint-Quentin-Fallavier und Freigericht stand über die Pfingsttage die Bürgerbegegnung in Frankreich auf dem Programm. Mit dabei war die italienische Delegation aus der mit Freigericht befreundeten Stadt Gallicano nel Lazio. Deren Verschwisterung mit Saint-Quentin-Fallavier ist wesentlich jünger, ihr zehnjähriges Jubiläum steht erst 2012 an. Vom Komitee für Europäische Verständigung Freigericht unternahmen 33 Personen die gemeinsame Busreise nach Frankreich, die italienische Gruppe mit 29 Personen reiste per Flugzeug.
Jüngste Teilnehmerin war Kimberley Effenberger mit zwölf Jahren. Walter Betz war mit über 80 Jahren ältester Teilnehmer, bereit jederzeit Geschichten und Anekdoten aus seinen zahlreichen Besuchen in der Partnerstadt zum Besten zu geben. Die Freigerichter hatten vor der Ankunft in Saint-Quentin-Fallavier ein kleines Vorprogramm organisiert. Erste Station war Colmar, wo die Besucher während einer Stadtführung auch den berühmten Isenheimer Altar im Museum Unterlinden besichtigten. Nach der Übernachtung in Bollwiller fuhr die Reisegesellschaft am nächsten Morgen nach Gérardmer in die Vogesen. Für die restlichen 500 Kilometer bis Saint-Quentin-Fallavier benötigte die Gruppe den ganzen Nachmittag. Beinahe zeitgleich mit den Italienern trafen die Freigerichter gegen 19 Uhr ein und wurden im neuen Festhaus „Le Median“ empfangen. Groß war die Freude beim Wiedersehen, da viele Freundschaften aus vergangenen Jahren bestehen und die Besucher sich teilweise vor einem Jahr bei der Bürgerbegegnung in Gallicano nel Lazio oder gar vor zwei Jahren bei der Begegnung in Freigericht das letzte Mal gesehen hatten. Danach erfolgte die Aufteilung in die Gastfamilien. Die französischen Gastgeber hatten dafür Sorge getragen, dass jeder privat untergebracht wurde.
Einige Gäste waren noch recht müde, als es am Pfingstsamstag Morgens gegen 8 Uhr mit zwei Bussen losging. Gut 100 Kilometer lang war die Fahrt in den Vercors im Departement Isère. Erstes Reiseziel war die französische Gemeinde Vinay am Unterlauf der Isère. Hier stand das „Trockenhaus der Walnüsse“ auf dem Besuchsprogramm, und die 100-köpfige internationale Gruppe bekam eine „Unterrichtslektion Walnüsse“ geboten, unter anderem wie sie gezüchtet, geerntet, getrocknet und vermarktet werden. Mit dem Schaufelraddampfer ging es nach dem Essen vom Aquädukt in St-Nazaire-en-Royans auf der Isère nach La Sône in den Garten der versteinernden Quellen. Rings um die kalkhaltigen Quellen besuchten die Reisenden eine der schönsten Aqualandschaften Frankreichs mit einer Blumenschau von über 15.000 Pflanzen. Das außergewöhnlich kalkhaltige Wasser der Quellen versteinert die Farne und Moose und bildet die Struktur eines leichten und porösen Gesteins. Zum Abschluss der Ausflugsfahrt ins Vercors wurde das mittelalterliche Dorf von Saint-Antoine-l’Abbaye angefahren. Ein verschlafenes Dörfchen mit knapp 1000 Einwohnern, aber von einem mittelalterlichen Charme überragt von seiner Kirche aus dem 15. Jahrhundert, welche auf einer Anhöhe gelegen ist und zu Fuß für alle gut erreichbar war.
Der Sonntagvormittag gehörte dem
Kulturaustausch und war durch Vorträge und Präsentationen zu den Themen
- die Beteiligung und die Rolle der Frauen im politischen Leben und
- 2009: Das europäische Jahr der Kreativität und Innovation inhaltlich besetzt.
Zum Thema Frauen im politischen Leben hatte die ehemalige Altenmittlauerin Heidi Clemens ihren Vortrag vorbereitet. Sie berichtete in ihrer dreisprachigen Präsentation aus ihren Jahren als Gründerin
und Vorsitzende des Frauenrats in Freigericht über die politische Arbeit dieser Frauengruppe in Freigericht.
Für die Kreativität war José Antonio Martin Vilchez mitgefahren. Ein sympathischer junger Mann spanischer Abstammung, der heute in Freigericht wohnt. José zeichnet Cartoons und ist als Illustrator
für Firmen, Verlage und Presse tätig. Mit seinen Cartoons die José im Gepäck hatte und die er vor Ort zeichnete war er ganz international und begeisterte damit Franzosen und Italiener.
Die Franzosen hatten zum Thema Kreativität die Bemalung eines übergroßen Wappens vorbereitet. Die Partner hatten ihre Entwürfe mitgebracht und mussten diese am Morgen in Farbe auf das Mosaik malen. Dieses wurde dann zu dem Wappen der Partnerstädte zusammengesetzt.
Unten im Wappen: Der Hahn symbolisiert Gemeinsamkeit. Der allgemein bekannte (gallische) Gockel, der für Frankreich steht, existiert ebenfalls im Wappen von Gallicano nel Lazio, als auch im
alten Wappen von Altenmittlau.
Beim gemeinsamen Festabend der Bürger im Festsaal des Median standen zu Beginn die Reden der drei Bürgermeister und der Präsidenten der Komitees auf dem Abendprogramm.
In seiner Ansprache bekräftigte Bürgermeister Joachim Lucas die Notwendigkeit partnerschaftlichen Miteinanders: „Wo Europa und die Welt immer mehr zusammenwachsen und Globalisierung eben nicht nur Gutes bedeutet, ist die Annäherung für jeden Einzelnen umso wichtiger, weil erfahrbar und gestaltbar. Nur so kann sich eine europäische Identität entwickeln - oder Globalisierung ein menschliches Antlitz bekommen... Denn gerade der Austausch von Erfahrungen bringt uns alle weiter. Der berühmte Blick über den Tellerrand, verbunden mit der Aufgeschlossenheit für andere Denkweisen und Lebensgewohnheiten, dazu noch etwas Toleranz und Verständnis - wenn all dieses zusammenkommt, mache ich mir keine Sorgen um die Zukunftsfähigkeit unserer gegenseitigen Partnerschaften!“ Für das Komitee Freigericht brachte Dr. Porsch die Freude der Freigerichter zum Ausdruck, dass sie in diesem Land und in dieser Stadt so herzlich empfangen und so freundschaftlich aufgenommen wurden.
Eine Stunde vor Rückreisebeginn am Montagmorgen trafen sich die Vorstände der drei Komitees zur Abstimmung der gemeinsamen Aktivitäten im laufenden und im nächsten Jahr. Zur Jugendbegegnung in Gallicano nel Lazio vom 12. bis 19. Juli 2009 erläuterten die Italiener ihr Programm für diese Woche. Unter anderem steht eine dreitägige Fahrt ans Mittelmeer mit viel Sport auf dem Programm. Das Komitee Freigericht richtet eine gemeinsame alpine Wanderung der Komitees in den Lechtaler Alpen in Österreich aus. Ausgangspunkt ist die Hanauer Hütte mit dem gemeinsamen Beginn der Unternehmung am Abend des 28. Augusts 2009. In 2010 findet vom 14. Mai bis zum 16. Mai ein Arbeitstreffen am Bodensee statt. Bei diesem Treffen wird das Komitee Freigericht Zeitpunkt und Inhalte der Bürgerbegegnung 2011 vorstellen, die ganz im Zeichen des 40jährigen Jubiläums der Verschwisterung mit Saint-Quentin-Fallavier steht.